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Je nach Alter des Kindes sollten bestimmte „Meilensteine“ der Sprachentwicklung erworben sein. Es gibt eine Reihe von Anzeichen, die auf eine Sprachentwicklungsstörung bei Kindern hinweisen: wenn die Sprachentwicklung verzögert einsetzt, die Aussprache undeutlich und die Satzbildung reduziert, oder der Wortschatz eingeschränkt ist. Spätestens bei diesen Auffälligkeiten sollten eine Diagnostik des Gehörs und der Sprachentwicklung erfolgen. Die Befunderhebung wird meist in Zusammenarbeit mit Kinderärzten und Logopäden durchgeführt. Eine altersentsprechende Sprachentwicklung ist die Voraussetzung für einen reibungslosen Schriftspracherwerb später in der Schule.

Eine undeutliche Aussprache ist je nach Alter noch im Normbereich. Wo ein einjähriges Kind z.T. noch schwer verständliche Lautfolgen äußert, sollten die Zweiwortsätze eines zweijähriges Kinds schon viel besser zu verstehen sein, und zwar nicht nur durch seine Eltern. Ab dem vierten Geburtstag sollten fast alle Laute sicher erworben und mit dem fünften Lebensjahr auch die Zischlautbildung abgeschlossen sein.

Besonders Laute, die im Rachen gebildet werden wie „K“ oder „G“, sind schwierig zu bilden. So wird beispielsweise „gut“ zu „dut“ vorverlagert. Teilweise werden schwierige Laute weggelassen (Kuchen/uchen) oder Laute ersetzt wie bei „Sonne/Donne“. Auch die Konsonantenverbindungen DR/TR/KR wie bei Drache oder Trecker erfordern eine komplexe Zungen- und Mundmotorik. Die Zischlaute wie S/SCH und „CH“ sollen als letzte Laute im Laufe des fünften Lebensjahrs sicher erworben sein.

Gründe für Probleme in der Artikulationsentwicklung können in stattgefundenen oder vorhandenen Hörstörungen liegen oder eine familiäre (genetische) Ursache haben. Auch eine Schwäche der Zungen- und Mundmotorik oder allgemeine Entwicklungsverzögerungen können ursächlich sein. In manchen Fällen findet sich gar keine greifbare Ursache.

Ist eine verzögerte Artikulationsentwicklung auffällig, sollte in jedem Fall eine Abklärung des Gehörs (Hörtestung) und eine Überprüfung der Lautbildung mit verschiedenen Sprachtests erfolgen. Therapeutisch wird eine logopädische Behandlung eingeleitet, bei der Übungen für Zuhause zum Training der der Zungen- und Mundmotorik sehr wichtig sind.

Vermehrtes Offenstehen des Mundes, eine sichtbare Zunge zwischen den Zähnen und verstärkter Speichel sind typische Symptome einer reduzierten Zungen- und Mundmotorik. Auch kommt es bei der Bildung der Zischlaute „S“ und „SCH“ zum Lispeln (Sigmatismus und Schetismus) und die altersgemäße Entwicklung des Gaumens und Kiefers mit guter Zahnstellung bleibt zurück.

Die normale Ruhelage der Zunge ist hinter den oberen Schneidezähnen am Gaumen. Babys haben noch eine interdentale Zungenlage, d.h. die Zunge liegt zwischen dem Ober- und Unterkiefer. Im Laufe der normalen kindlichen Entwicklung verlagert sich die Position der Zunge nach hinten/oben. Dies ist für eine gute Bildung der Sprachlaute notwendig.

Sind die Zungenruhelage und Lautbildungsfunktion der Zunge gestört, wird von einer „Myofunktionellen Störung“ gesprochen. Häufig liegt zugleich auch eine Störung der Mundmotorik vor. Die ständige Mundatmung mit offen stehendem Mund und viel Speichelbildung ist in der Regel Folge einer länger bestehenden Nasenatmungsbehinderung durch vergrößerte Rachenmandeln (Polypen beim Kind). Die neuromuskuläre Ansteuerung der Mundmotorik kann sich nicht gut entwickeln. Auch bei einer Normalisierung der Nasenatmung bleibt daher häufig eine Schwäche der Mundmotorik. Hier hilft, nach einer eingehenden Diagnostik mit Suche nach den Ursachen, eine logopädische Therapie mit vielen Übungen zuhause.

Bei dem Dysgrammatismus ist das Kind nicht in der Lage, die Wort- und Satzgrammatik (Morphologie und Syntax) beim Sprechen, Lesen und Schreiben richtig anzuwenden. Die Satzstruktur ist einfach, die Satzstellung, Genus- und Pluralmarkierungen sind falsch, es kommt zu falschen Verbstellung im Satz: „Du spielen mit mir.“ oder „Der Katze springt.“ oder „Im Wald sind viel Baum.“

Eine Störung der Grammatikentwicklung (Dysgrammatismus) zählt wie die Aussprachestörung (Dyslalie) zu den Sprachentwicklungsstörungen. Da die grammatikalischen Strukturen in den verschiedenen Sprachen oft sehr unterschiedlich sind, findet sich ein Dysgrammatismus besonders häufig bei mehrsprachigen Kindern. Über einer pädaudiologische und logopädische Diagnostik kann die Entwicklung der Grammatik überprüft werden. Mit einem Sprachentwicklungstest wie dem TROG-D oder dem MuSE-Pro können standardisiert Probleme in der Grammatikentwicklung diagnostiziert werden.

Sprechen Kinder nicht mit einem altersgemäß entwickelten Wortschatz, so werden zur Kommunikation häufig Gestik, Mimik und Ersatzworte verwendet wie „dingsda“ oder der Hund wird zum „Wauwau“.

Als grobe Orientierung gilt, dass Kinder mit zwei Jahren über einen Wortschatz von etwa 50 Wörtern verfügen sollten und damit Zweiwortsätze bilden können. Aber das Entwicklungstempo von Kindern ist sehr unterschiedlich. So weisen nicht alle Kinder beim zweiten Geburtstag einen entsprechenden Sprachstand auf. Die Kinder, die diese Kriterien nicht erfüllen, werden „late talker“ genannt. Die Hälfte dieser Kinder kann innerhalb des nächsten Lebensjahres diesen Rückstand aufholen. Ist dies jedoch nicht der Fall, spricht man von einer Sprachentwicklungsverzögerung. Dann sollte frühzeitig eine weiterführende Diagnostik mit verschiedenen pädaudiologischen Testverfahren wie dem AWST-R erfolgen und eine logopädische Therapie begonnen werden.

Mein Kind versteht mich nicht – mit dieser Sorge kommen Eltern in die Sprechstunde. Kinder mit Sprachverständnisproblemen müssen mehrfach angesprochen werden, sie vergessen Gesagtes schnell und können sich längere Anweisungen („… gehe erst auf das Klo, dann ziehe dir die Schuhe an …“) nicht merken.

Auffälligkeiten bezüglich des Sprachverständnisses werden teilweise erst spät diagnostiziert, da die betroffenen Kinder oft situativ und durch Gestik und Mimik verstehen, was gefordert wird. In der Schule kommt es dagegen häufig zu Schwierigkeiten. Aufträge werden nicht verstanden, Arbeitsanweisungen der Lehrer werden nicht mitbekommen, die Hausaufgaben sind unklar und mitten in einer Aufgabe wird vergessen, um was es eigentlich geht. Auch das Zuhören bei Geschichten fällt schwer, weil Kinder mit Sprachverständnisstörungen dem Inhalt beim Vorlesen nicht gut folgen können. Sie werden dann unruhig und oder sind geistig abwesend und beginnen zu träumen. Häufig bestehen Probleme im Kurzzeitgedächtnis.

Eine Hörminderung sollte bei diesen Auffälligkeiten immer ausgeschlossen werden (Hörtestung). Je nach Ausprägung ist auch eine entwicklungsneurologische Diagnostik, der Ausschluss einer Epilepsie, Entwicklungsverzögerung oder genetischen Erkrankung sinnvoll. Therapeutisch wichtig ist daher eine gute pädaudiologische Diagnostik und dann eine gezielte logopädische und lerntherapeutische Förderung der betroffenen Kinder.

Redeunflüssigkeiten (Stottern) sind durch das Wiederholen von Lauten, Silben und Wörtern oder durch Blockaden im Sprechfluss gekennzeichnet. Diese Störung im Sprachfluss kann Eltern und das betroffene Kind sehr belasten.

Das Auftreten des Stotterns und seine Intensität sind häufig wechselnd. Vor allem bei seelischer Anspannung, z.B. beim Sprechen vor der Klasse, verstärken sich die Symptome. Kommt es zusätzlich zu den Redeunflüssigkeiten zu körperlichen Auffälligkeiten, wird von einer Sekundärsymptomatik gesprochen. Diese entwickelt sich bei dem Versuch des Betroffenen, beispielsweise durch Zwinkern, Kopfnicken, Räuspern, Aufstampfen die Blockaden oder Wiederholungen im Redefluss zu unterbrechen. In der Regel entwickeln Kinder auch ein sprachliches Vermeidungsverhalten und Sprechängste.

Wichtig ist zu wissen, dass es im Rahmen der Sprachentwicklung zwischen zwei und vier Jahren bei vielen Kindern vorübergehend zu einem unterbrochenen Sprachfluss kommen kann. Häufig geschieht dies in einer Phase mit einem großen Sprachschub, hier denkt das Kind schneller als es die Worte motorisch umsetzen kann.

Dauert das kindliche Stottern länger als sechs Monate an, ist eine weitere Diagnostik und logopädische Beratung und Therapie sinnvoll.

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