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Die auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) ist ein Überbegriff für Probleme, die in den verschiedenen Bereichen der Weiterleitung und zentralen Verarbeitung von gehörten Informationen auftreten können. Dazu zählen die Filterung, die Zuordnung, das Unterscheiden und das Erkennen von Sprachinformationen, die von den Ohren zum Gehirn weitergleitet werden. Das periphere Gehör ist auf beiden Seiten dabei unauffällig. Für alle Betroffenen bestehen beim Vorliegen einer AVWS erhebliche Alltagsschwierigkeiten, die besonders bei Kindern den Schulalltag zum Problem werden lassen.

Eine AVWS kann allein oder in Kombination mit anderen Auffälligkeiten wie Konzentrationsstörungen (ADHS/ADS) oder Lese-Rechtschreibstörungen (Legasthenie) auftreten. Die Symptome der AVWS sind vielgestaltig, die Kinder sind oft unruhig und auf Ansprache reagieren sie häufig nur verzögert. Vor allem bei Nebengeräuschen müssen Kinder mit AVWS mehrfach angesprochen werden, Anweisungen werden nicht verstanden oder rasch wieder vergessen. Kleinere Kinder haben oft eine auffällige Sprachentwicklung mit Problemen in der Merkspanne. Größere Kinder tun sich in der Schule schwer. Sie zeigen Konzentrationsprobleme, haben Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben, das Hörvermögen im Störlärm ist eingeschränkt und die Kinder sind darüber hinaus oft sehr vergesslich.

Erwachsene und vor allem Kinder, die unter einer Hörminderung im Störlärm leiden, haben Probleme, im Berufsleben, im Kindergarten oder in der Schule sprachliche Inhalte mitzubekommen. Sie sind nicht in der Lage, bei Nebengeräuschen die Sprachäußerungen bei einem Gespräch oder einem Vortrag zu filtern und zu verstehen.

Normalerweise wird Sprache durch das Fokussieren der Aufmerksamkeit und die Filterung der akustischen Signale gut wahrgenommen. Voraussetzung sind beidseits gut funktionierende Ohren, also ein normales peripheres Gehör, und eine altersgemäße Sprachentwicklung. Kinder, die unter einer Höreinschränkung im Störlärm leiden, beklagen häufig eine Lärmempfindlichkeit und sind zugleich oft laut. Sie müssen oft mehrfach angesprochen werden, bis sie reagieren und bekommen z.B. die Hausaufgaben nicht mit. Indirekt finden sich häufig Konzentrationsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten bei dem Versuch, die akustische Problematik wettzumachen oder zu überspielen.

Zur Testung erfolgt neben einer Überprüfung der normalen Hörfunktion (Hörtestung) ein Hörtest im Störlärm. Bestätigt sich eine Auffälligkeit, so muss eine Überprüfung zur Sicherung der Diagnose erfolgen. Therapeutisch kann im Rahmen einer Logopädie oder Ergotherapie die Hörverarbeitung trainiert werden. Im Alltag ist vor allem eine Berücksichtigung in der Schule und Zuhause wichtig – und bei ausgeprägten Befunden ist gegebenenfalls die Verordnung einer FM-Anlage notwendig. Mit einer FM-Anlage wird die Stimme des Lehrers auf Kopfhörer übertragen, die das Kind trägt und mit denen die Umgebungsgeräusche unterdrückt werden.

Eine Gruppe sitzt beisammen, es wird geredet und gelacht, Stimmgewirr liegt in der Luft und eine Person versteht nichts … Menschen mit Problemen mit dem Dichotischen Gehör haben Schwierigkeiten in der simultanen Sprachinformationsverarbeitung. So fällt es Kindern und Erwachsenen bei Diskussionen schwer, den sprachlichen Inhalten zu folgen. Betroffene Kinder schweifen schnell gedanklich ab, werden unruhig oder verlassen die Situation.

Die Fähigkeit des dichotischen Hörens wird bei der Abklärung auf das Vorliegen einer AVWS (auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung) überprüft und ist ein wichtiger diagnostischer Bestandteil – neben einer ausführlichen Testung des Dichotischen Gehörs. Bei Auffälligkeiten im Dichotischen Gehör ist eine Förderung mittels Logopädie und Ergotherapie wichtig sowie eine Berücksichtigung der Einschränkung im Alltag der Betroffenen.

Wo kommt das Geräusch her? Von wo werde ich gerufen? Das Richtungsgehör spiegelt die Fähigkeit, durch die Verarbeitung der akustischen Signale durch beide Ohren eine Richtung zu lokalisieren, aus der die Signale kommen. Das Erkennen sehr feiner Unterschiede im Lautstärke- und Zeitverlauf beim Auftreffen von Schall auf dem rechten und linken Ohr ermöglichen diese Richtungslokalisation. Entsprechend ist das Richtungsgehör bei einseitiger Hörminderung oder bei dem Vorliegen einer AVWS eingeschränkt. Auch Kinder mit einer AVWS haben Probleme bei der Richtungsbestimmung von Geräuschen. Daher wird diese Fähigkeit auch bei der Prüfung auf das Vorliegen einer AVWS (Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung) getestet.

„Was hast Du gesagt?“ „Nein, weiß ich nicht mehr, was der Lehrer gesagt hat, das habe ich vergessen!“ – Kinder mit Problemen in der auditiven Merkspanne haben im Alltag und später in der Schule Schwierigkeiten. Denn das Merken von sprachlichen Inhalten ist ein wichtiger Aspekt bei der kindlichen Sprachentwicklung. Ist das Sprachgedächtnis eingeschränkt, fällt es Kindern schwer, den Wortschatz zu erweitern, grammatikalische Regeln zu erlernen oder längere sprachliche Aufgaben zu erfüllen.

Kinder, die Probleme mit der auditiven Merkspanne haben, zeigen häufig auch eine Störung der auditiven Aufmerksamkeit mit motorischer Unruhe und einer leichten Ablenkbarkeit. Beim Vorlesen kommt es zum schnellen Abschweifen und Konzentrationsproblemen. Eine verringerte Merkspanne führt auch zu Problemen in der Kommunikation, zu Störungen beim Lesen und Schreiben. Zudem lassen sich Schwächen beim Verstehen von sprachlichen Inhalten mit Ermüdung, Motivationsproblemen und Leistungsabfall in der Schule beobachten.

Zur Diagnostik werden Testverfahren wie das Merken von Zahlenreihen oder der Mottier-Test eingesetzt. Bei einer Störung der auditiven Merkspanne sollte eine logopädische Therapie verordnet werden.

Ähnliche Sprachlaute wie G/K, D/T oder R/L müssen für eine normale Sprachentwicklung sicher unterschieden werden. Die Voraussetzung dafür ist, neben einem guten peripheren Gehör, die sichere auditive Unterscheidung in den verschiedenen Sprachzentren des Gehirns. Kinder, die Schwierigkeiten in der auditiven Lautdifferenzierung haben, fallen oft schon in der Sprachentwicklung durch Artikulationsstörungen mit Fehlern bei der Aussprache und Unterscheidung ähnlich klingender Laute auf. Sie zeigen im späteren Verlauf in der Schule Probleme beim Lesen und vor allem beim Schreiben.

Eine Lautdifferenzierungsstörung wird auch umfassender als eine Störung der „phonologischen Bewusstheit“ bezeichnet. Die phonologische Bewusstheit beschreibt konkret die Fähigkeit des Kindes, einzelne Laute aus einem Wort herauszuhören und zu unterscheiden, die Lautstruktur (beispielsweise langer und kurzer Laut) und deren Betonung zu erkennen. Zu der phonologischen Bewusstheit wird auch das Erkennen von Reimpaaren, das Segmentieren von Silben und das Erkennen von Anlauten und Endlauten sowie die Lautsynthese gezählt. Entsprechend geht eine Störung der phonologischen Bewusstheit fast immer mit Problemen beim Schreiben und Lesen einher.

Typischerweise finden sich bei Kindern mit Störungen der phonologischen Bewusstheit fehlerhafte Diktate bei ansonsten gut aufgebauten und formulierten Aufsätzen. Häufig ist auch das Erlernen von Fremdsprachen erschwert. Eine genaue Sprachtestung mit Überprüfung der auditiven Lautdifferenzierung und der Einleitung einer gezielten Logopädie kann die schriftsprachlichen Fähigkeiten der betroffenen Kindern gut verbessern.

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